ÖFFENTLICHER RAUM
RETROSPECT!
Eine Auswahl audiovisueller Arbeiten aus
35 Jahren Künstlerhaus Lauenburg
Samstag, 4. September 2021
von 10.00 bis 16.00 Uhr
Mit Arbeiten von:
CHEN Chengwen + Tobias Klich
Dagrun Hintze / Anna Lena Grau
Youssef Tabti / Alexander Häusser
Farzia Fallah
Noriko Kawakami
Fumiko Kikuchi
Sophia Mainka
Hanne Römer / .aufzeichnensysteme
Donny Karsadi
Heiko Wommelsdorf
Anlässlich des Jubiläums wird ein Programm mit 10 Positionen ehemaliger Stipendiatinnen und Stipendiaten aus den Bereichen Komposition, Literatur und Bildender Kunst präsentiert. Die künstlerischen Arbeiten sind auf der Brachfläche Berliner Straße in Lauenburg zu hören und zu sehen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Organisiert und kuratiert von Benjamin Stumpf und Isabelle von Schilcher.
RETROSPECT!
Dokumentation der Ausstellung
Libra, 2013, Komposition und Interpretation für einen Beckenspieler von CHEN Chengwen, filmische Interpretation von Tobias Klich, 2014, 12:39 min.
CHEN Chengwen + Tobias Klich
Das Beckenpaar aus der asiatischen Theatertradition fand im 18. Jahrhundert Einzug in die europäische Militär- und Orchestermusik, wird jedoch meist äußerst reduziert als Markierung des Rhythmus oder als Illustration glanzvoller Höhepunkte wahrgenommen. Die Komposition Libra von CHEN Chengwen entlockt diesem scheinbar vertrauten Instrument durch verschiedenste Arten des Reibens, Schlagens und Kratzens ganz ungewohnte Klangwelten, bringt es auf diese Weise schließlich sogar zum Singen durch Anregung einzelner Obertöne, um zum Schluss in den doch so bekannten Orchesterbeckenschlägen nun ganz Anderes hören und wahrnehmen zu können. Mit dem Bild der Waage – im ständigen Prozess des klanglichen Ausbalancierens – begibt sich dieses Stück auf die Suche nach dem Unbekannten im Vertrauten, nach dem Fremden im Eigenen, versucht das Fremde als verdrängtes Eigenes aufzudecken.
Die filmische Interpretation zu Libra von Tobias Klich versucht, durch extreme Nahaufnahmen sowie ungewöhnliche, ständig wechselnde Perspektiven auf den Musiker und sein Instrument in nahezu graphischen Abstraktionen eine intimere Wahrnehmungsebene zu eröffnen, die in einer Konzertaufführung in dieser Weise nicht erfahrbar wäre.
CHEN Chengwen ist 1980 in Taiwan geboren und lebt und arbeitet seit 2010 in Deutschland. Sein Kompositionsstudium begann er in Taiwan und setzte es dann von 2010 bis 2016 in Deutschland fort. Zunächst studierte er an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover; sein dortiges Konzertexamen absolvierte er bei Prof. Gordon Williamson und Prof. Joachim Heintz. Anschließend studierte er elektroakustische Komposition bei Prof. Kilian Schwoon an der Hochschule für Künste Bremen. Chengwen Chen erhielt verschiedene Stipendien und Auszeichnungen, wie 2014 den Bremer Komponist*innenpreis.
Tobias Klich ist ein deutscher Musiker und Komponist, der 1983 in Jena geboren wurde, studierte in Weimar Komposition und schloss in Bremen das Studium der elektroakustischen Komposition an. Tobias Klich ist als Komponist, Gitarrist, Musikfilmemacher und bildender Künstler tätig. Als Filmemacher initiierte er 2013 eine Reihe mit experimentellen Musikfilmen zu zeitgenössischer Musik. Seine Arbeit wurde bereits durch diverse Preise und Stipendien in den Bereichen Kompo-sition, Gitarre, Film und Malerei unterstützt, darunter der Werner-Kühl-Preis für Malerei 2016.
Beide waren Stipendiaten für Komposition des Künstlerhaus Lauenburg.
CHEN Chengwen im Jahr 2015 und Tobias Klich 2010.
Quallen-Manöver, 2015, Gesprochener Text auf Vinylplatte, Cover mit Klebefolie, 13:29 min.
Anna Lena Grau / Dagrun Hintze
Anlässlich Anna Lena Graus Ausstellung Pequod im Künstlerhaus Lauenburg, in deren Zentrum ein stark vergrößerter menschlicher Lendenwirbel aus Gips stand, schrieb Dagrun Hintze den Text Manöver des letzten Augenblicks. Darin sucht sie nach einer literarischen Übersetzung für die Fragen der Bildhauerin: Sind nicht alle Formen vorläufig oder flüchtig? Was passiert, wenn man Zeit als Kategorie ins Kunstwerk integriert?
Pequod heißt das Schiff, auf dem Kapitän Ahab in Melvilles Roman Moby Dick dem weißen Wal hinterherjagt – der Walfänger dient als stabiles Vehikel, um durch Wind und Wellen der vollkommenen Projektionsfläche zu folgen, die der Walfisch repräsentiert. Und so findet sich auch die namenlose Protagonistin der Erzählung Manöver des letzten Augenblicks auf einem schaukelnden Boot wieder, wobei diesmal kein Wal in Sicht ist. Ihre kurzen Ausflüge ans Land widmet sie der Untersuchung von Maulwurfshügeln und besucht gelegentlich eine Arztpraxis. Vor allem aber versucht sie, Widerstand zu leisten gegen die Logik des Festlands.
Dagrun Hintze spricht den von ihr geschriebenen Text selbst. Anna Lena Grau hat für die Platte das Cover entworfen.
Anna Lena Grau ist eine deutsche Künstlerin, die 1980 in Hamburg geboren ist. 2000 bis 2007 studierte sie Freie Kunst an der HfBK in Hamburg bei Prof. Hanne Loreck und Prof. Pia Stadtbäumer. 2007 schloss sie ihr Studium ab und es folgten zahlreiche Ausstellungen. Unter anderem erhielt sie 2020 ein Stipendium für bildende Künstler*innen der Stiftung Kunstfonds Bonn. 2015 hatte sie ein Stipendium für Bildende Kunst im Künstlerhaus Lauenburg.
Dagrun Hintze ist 1971 in Lübeck geboren. Sie schreibt Theaterstücke, Lyrik, Prosa und Essays und publiziert außerdem über zeitgenössische Kunst und Dokumentartheater. Sie studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft in Würzburg und Antwerpen. Im Anschluss war sie als Regieassistentin und Regisseurin am Theater Lübeck und am Staatstheater Kassel engagiert. Seit 1999 lebt sie als freie Autorin in Hamburg und arbeitet seit 2011 als Autorin und Dramaturgin für partizipative Theaterprojekte mit gesellschaftspolitischen Themen. Zu ihren Werken gehören Theaterstücke, Publikationen zur Zeitgenössischen Kunst und Bücher. Dagrun Hintze hatte ein Stipendium für Literatur im Künstlerhaus Lauenburg im Jahr 2015.
Edvards Tag – Vom Warten auf den versprochenen Augenblick 2008, Klangstück, 09:45 min.
Youssef Tabti / Alexander Häusser
Edvards Tag – Vom Warten auf den versprochenen Augenblick ist der Titel der multimedialen Fotoinstallation des Videokünstlers und Fotografen Youssef Tabti. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Alexander Häusser entstand eine Geschichte für sieben Fotografien und eine Stimme. Diese Präsentation ist ein Versuch einer anderen Art der Inszenierung, ein Konzept, in dem sich mehrere Ebenen entfalten können. (…)
„Tabti hat Häussers noch unveröffentlichtes Romankapitel von einem Schauspieler einlesen lassen. Auf Schallplatte aufgenommen – es gibt eine limitierte Edition von zwölf Platten – erklingt nun der Text als Pendant oder ästhetische „Parallel-Aktion“, wenn so man so will, zu den projizierten Naturaufnahmen des Künstlers. Auch das Plattencover ist eine eigenständige Arbeit und gehört zugleich dem Gesamt-Ensemble an: Die Vorderansicht zeigt eine Landschaft im Stil des von der romantischen Darstellungstradition ins fotografische Medium übersetzten Natur-Szenarios aus der Lauenburger Umgebung, die sich hier mehrgestaltig entfaltet.
Selbst die Einladungskarte folgt der Vernetzungsidee, die Tabtis Arbeiten grundsätzlich durchzieht. Versehen mit dem poetischen Satz „Edvard zupfte an Spinnennetzen“, ein Zitat aus Häussers genanntem Kapitel, wird sie im Kontext einer weiteren Ausstellungsstation (…) als persönliche Einladung an einen – bisher noch unbekannten – Adressaten beziehungsweise eine Adressatin zum Tragen kommen (…).
Auszug aus der Einführung zur Ausstellungseröffnung von Dr. Belinda Grace Gardner (Kunsthistorikerin, Kritikerin und Kuratorin): Youssef Tabti, Edvards Tag – Vom Warten auf den versprochenen Augenblick, im Künstlerhaus Lauenburg, 25.9.2008
Alexander Häusser ist ein Hamburger Autor und wurde 1960 in Reutlingen geboren. Er studierte an der Universität Tübingen Germanistik, Philosophie und Geschichte und begleitend Rhetorik bei Prof. Walter Jens. Seit 1990 lebt er als freier Schriftsteller und Drehbuchautor in Hamburg. Im August 2019 wurde Alexander Häussers neuester Roman Noch alle Zeit im Pendragon-Verlag veröffentlicht. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien, unter anderem den Literaturförderpreis der Freien und Hansestadt Hamburg im Jahr 2011. In 2008 hatte er ein Stipendium für Literatur im Künstlerhaus Lauenburg.
Youssef Tabti wurde 1968 in Paris geboren und ist ein französischer Konzeptkünstler mit algerischen Wurzeln. Tabti studierte Kunst und Kunstgeschichte in Paris und begann seine ersten Arbeiten 1992 im Museum Fabre in Montpellier mit Installationen und Fotografien. Er lebt seit 1996 in Hamburg und hat international bereits viele Ausstellungen realisiert, unter anderem 2007 im Rahmen der Istanbul Biennale, 2009 anlässlich der 2. Triennale im Grand Palais Paris, sowie 2010 in Murcia. Youssef Tabti war Stipendiat für Bildende Kunst im Künstlerhaus Lauenburg im Jahr 2008.
Lalayi – ein Schlaflied für Sohrab, 2017, Komposition für Streichtrio Ensemble New Babylon (Johannes Haase, Hannah Craib, Marie Schmit)
Farzia Fallah
Lalayi ist ein Schlaflied für Sohrab Sepehri, den iranischen Dichter und Maler.
„Fern von den Nächten voller Metallreibung, schenke mir den Schlaf, unter einem Zweig.
Und in der Zeche des Lichts, wenn hinter deinen Fingern der Jasmin erstrahlt, werde ich aufwachen.
Dann erzähle mir von den Bomben, die fielen, während ich schlief.“
Sohrab Sepehri (1928-1980)
Farzia Fallah ist eine iranische Komponistin und 1980 in Teheran geboren. Sie studierte unter anderem von 2007 bis 2014 Komposition an der Hochschule für Künste Bremen bei Prof. Younghi Pagh-Paan und Prof. Jörg Birkenkötter. Von 2014 bis 2016 studierte sie an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei Prof. Johannes Schöllhorn und von 2016 bis 2018 an der Hochschule für Musik Freiburg bei Prof. Johannes Schöllhorn. Seit 2018 ist sie als freiberufliche Komponistin tätig und hat seitdem diverse Kompositionsaufträge und Aufführungen in Deutschland und international. Neben einem Stipendium für Komposition im Künstlerhaus Lauenburg im Jahr 2019 hat sie weitere Auszeichnungen und Stipendien erhalten, unter anderem den Carl-von-Ossietzky Kompositionspreis 2020.
KOMMAS ENSEMBLE
Bayerische Akademie der Schönen Künste
Johannes Haase, Violine
Alba González Becerra, Viola
Kyubin Hwang, Violoncello
Livemitschnitt 5. März 2020
Noriko Kawakami
Zeit für die Nacht, 2011, Komposition für einen Sprecher und Zuspielband,
Text: Zeit für die Nacht von Robert Cohn
Zeit für die Nacht wurde im Rahmen eines Stipendiums im Künstlerhaus Lauenburg
realisiert und beim Abschlusskonzert des Stipendiums uraufgeführt.
„Der Schriftsteller Robert Cohn stellte sich bei den Weblesungen seine Kurzgeschichte Zeit für die Nacht (2008) vor, in der er als Erzähler wirkt. Er stellt seine Geschichte szenisch dar, liest mit der fein abstuften Stimme, bildet einen spannenden Bogen. Besonderes faszinierte mich der Klangreichtum seiner Stimme und die Gestaltung der Zeit. Er wechselt häufig das Tempo – bewusst oder nicht bewusst. Die Geschwindigkeit steigert bis zum Höhepunkt, dann löst sich ab. Seine Stimme versinkt wieder in der Tiefe. Man hätte das Gefühl, es sei eine musikalische Interpretation. Als ich seine Lesung hörte, kam mir sofort auf die Idee, sein Lesen und Musik auf der gleichen Klangebene darzustellen. Für das Zuspielband nahm ich die Musik aus meiner Kompositionen: Zwischen Immer und Nie für Akkordeon, Schlagzeug, Klavier, Violine und Violoncello (2010) und Lustgarten für Schlagzeug und Elektronik (2003). Das Stück ist weder ein Hörspiel noch ein Musikstück, sondern ein Versuch, zwei aus den verschiedenen Zeiten und in den unterschiedlichen Konstellationen entstandenen Kunstwerke in einem Raum zusammenzustellen.
Der Text wird in Live vorgelesen; die Musik wird durch die Lautsprecher abgespielt. Obwohl der Text und die Musik unabhängig in eigenem Tempo interpretiert werden sollen, stelle ich mir die Frage, ob die beiden sich gegenseitig beeinflussen können und welche Zusammenwirkung es gibt.“ Noriko Kawakami
Noriko Kawakami ist eine japanische Komponistin. Sie wurde 1955 in Ehime, Japan geboren, studierte Komposition bei Prof. Ryohei Hirose an der Kunitachi-Musikhochschule in Tokio. Es folgten Studien 1987/88 bei Prof. Klaus Huber in Freiburg und 1988 bis 91 bei Prof. Nicolaus A. Huber an der Folkwang-Hochschule in Essen. 1994 besuchte sie einen Meisterkurs bei James Dillon in Göteborg/Schweden. 1995/96 lebte sie als freischaffende Komponistin in Paris. 2011 war sie Stipendiatin für Komposition im Künstlerhaus Lauenburg. Zurzeit lebt und arbeitet sie in Lauenburg an der Elbe und verantwortet gemeinsam mit dem Künstlerhaus Lauenburg die HörBlick Konzertreihe für neue Musik Lauenburg.
There are chickens in the garden, 2016, HD Video, Farbe, Ton, 1-Kanal-Videoinstallation, 5:48 min., Loop Video und Ton. Dokumentation: Meike Redeker, Agnese Kusnere Postproduktion: Fumiko Kikuchi
Fumiko Kikuchi
Der Beo oder auch Mynah ist eine Vogelart, die zur Familie der Stare gehört; er besitzt eine dickere Zunge und kann die menschliche Sprache somit besonders gut imitieren. Ihn besuchte ich im Braunschweiger Zoo, um ihm den japanischen Zungenbrecher Uraniwaniwaniwatorigairu beizubringen.
Der Titel der Arbeit There are chickens in the garden entspricht der englischen Übersetzung. Der Beo spricht menschliche Wörter, jedoch versteht er nicht deren Bedeutung, sondern merkt sich die Lautsprache und wiederholt sie. Eine neue Sprache zu erlernen funktioniert ähnlich: Es beginnt mit dem Nachsprechen von Vokabellauten, bis man die Satzlehre erlernt und somit eine Kommunikation ermöglicht wird.
Fumiko Kikuchi
Fumiko Kikuchi ist eine japanische Künstlerin, die in Hokkaido Japan geboren ist und heute in Hannover lebt. Sie hat von 2005 bis 2009 freie Kunst an der Nihon University Fine Arts in Tokyo bei Prof. Yuko Sasai und Toshiya Takahama studiert. Es folgte ein Studium der Freien Kunst von 2012 bis 2018 an der Hochschule der Bildenden Künste Braunschweig bei Prof. Candice Breitz, Julieta Aranda und Aurelia Mihai. Sie ist freie Bildende Künstlerin und bei zahlreichen Ausstellungen international vertreten. Sie erhielt bereits viele Förderungen und Auszeichnungen für Ihre Arbeit so wie 2021 das Jahresstipendium des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, Niedersachsen. Sie war 2019 Stipendiatin für Bildende Kunst im Künstlerhaus Lauenburg.
Fumiko Kikuchi Website und Link zum Video
Muschis und Englischer Rasen, 2019, Video, 14:25 min., Loop, entstanden im Rahmen des Stipendiums Bildende Kunst 2019
Sophia Mainka
„Sophia Mainka hat eine Kamera dabei. Wir sehen sie manchmal, wenn wir aus dem Fenster auf die Straße schauen. Sie streift in der Nachbarschaft umher, filmt Hauswände, Gartenutensilien und falsche Katzen. Irgendwann fängt sie immer an, sich selbst zu filmen.“
Ausgangspunkt von Mainkas künstlerischer Praxis ist ein Interesse an Wohnraum, Geborgenheit und der (zum Teil durchlässigen) Grenze zwischen Interieur und öffentlichem Raum. Ihre Auseinandersetzung beginnt dabei mit der eigenen Positionierung und daher mit einem Blick aus der westeuropäischen, vorstädtischen Mittelschicht, der sich auf allgemeinere Fragestellungen und die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge unserer Zeit richtet. Das Wohnen als Milieustudie und politisches Spiegelbild wird in einer Welt in der Heimatlosigkeit sowohl persönliche Bedrohung, wie globale Krise bedeutet, in den Fokus genommen. In der Videoarbeit Muschis und Englischer Rasen folgt man den Pfoten einer abstrahierten Katze durch dekorative Hauseingänge und Vorgärten der Stadt Lauenburg, in der Mainka 2019 als Stipendiatin im Künstlerhaus Lauenburg lebte. Durch den Perspektivenwechsel weckt dieser Zwischenort unterschiedliche Assoziationen und lenkt den Blick mit einem Augenzwinkern auf die Dingwelt einer konsumorientierten Gesellschaft.
„Unsere Haut muss atmen. An ihren Öffnungen wird sie dünn und durchsichtig. Schützenswerte Schwachstellen. Fensterläden, Doppelverglasung, Gardinen, Jalousien, Vorhänge. Am Ende dieser Schichtung fehlt ein Detail. Wir stellen ein Objekt auf unser Fensterbrett. Eine Katze, die nicht echt ist. Sie kann aus Kunststoff oder Porzellan sein, sie kann stark vereinfacht oder fast naturalistisch anmuten. Vielleicht ist es zweitrangig wie der Wächter aussieht, der unser Haus vor dem Außen schützt. Die Katze auf dem Fensterbrett begrüßt unsere Gäste und lenkt den Blick auf sich. Sie verdeckt ein Stück unseres Innenlebens, verdeckt den Blick auf das ungemachte Bett, auf dem noch keine Tagesdecke liegt.“
Sophia Mainka ist eine deutsche Bildhauerin und 1990 in München geboren und lebt und arbeitet in München. Sie hat unter anderem Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Alexandra Bircken studiert und 2020 als Meisterschülerin abgeschlossen. Seitdem ist sie als freiberufliche Bildende Künstlerin tätig. 2020 erhielt sie ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds Bonn. Neben zahlreichen weiteren Ausstellungen und Stipendien war sie 2019 Stipendiatin für Bildende Kunst im Künstlerhaus Lauenburg.
gelöscht (111 Kōan im Grünen) Textinszenierung im öffentlichen Raum, 2018
Hanne Römer
Im Rahmen der Radiologischen Lesung Nr. 7, einer Reihe von Hanne Römer .aufzeichnensysteme Wien und Konrad Behr zwischen Lauenburg, Wien und Weimar.
Radiohörstück, konzipiert, live gesendet + performt aus dem / im Künstlerhaus Lauenburg über Radio Bauhaus FM Weimar im Rahmen des Literaturstipendiums am 4. Juni 2018; Gäste: Peter Strickmann & Evgenija Wassilew
„Die Eisscholle steckte schon drin in der Werft – ich werde mich beim Künstlerhaus Lauenburg beschweren, das einen in der Hitzlerwerft illegal hergestellten Walfisch als Residenten einquartierte sowie Motorboote und einen weggesparten Bademeister etc.“ (Auszug)
Hanne Römer ist 1967 in Bad Vilbel geboren und studierte Druckgraphik, Medienwissenschaften und Kunstgeschichte in Marburg. Sie arbeitet seit 2000 in Wien als selbstständige Künstlerin und Autorin. Es folgten Stipendien, Projekte, Publikationen, Lesungen, Ausstellungen, Auftritte im Bereich Kunst / Literatur / Hörstück (im öffentlichen Rundfunk) in Österreich und Deutschland. Sie bekam 2018 den Förderpreis zum Heimrad-Bäcker-Preis für .aufzeichnensysteme als Kunstwerk und Schnittstelle für experimentelle Literatur. Im Jahr 2018 war Hanne Römer Literaturstipendiatin im Künstlerhaus Lauenburg.
.aufzeichnensysteme (© 2000) ist Konzept, Kunstwerk, Autorenschaft (bis 2015 elffriede.aufzeichnensysteme) zugleich, die von Hanne Römer seit 2000 als eine Schnittstelle des Medialen und poetische Einheit von Person, Werk, Rezeption konsequent weiterentwickelt wird. www.aufzeichnensysteme.net
Hörstück:
http://parsecmonitor.de/user/rowolo/sounds/180604_2000-2100_radiologische_lesung_7_lauenburg.mp3
Hörstück mit Bild:
https://www.uni-weimar.de/projekte/bauhaus-fm/radiologische-lesung-7/
Kontext Hörstück:
https://www.elffriede.net/radio_lauenburg_2018/index.html
Kontext Hörstück (Stipendium):
https://www.elffriede.net/lauenburgAir18/index.html
Donny Kasardi
Lauenburg-Klanginstallation, 2016
Alle Klänge dieser Klangarbeit wurden in Lauenburg während des Aufenthalts im Rahmen des Stipendiums aufgenommen und bearbeitet. Zu hören sind unter anderem Wassertropfen, Glocken, Windgeräusche und ein Schiffshorn.
Donny Karsadi ist 1995 in Indonesien geboren und studierte instrumentale Komposition bei Otto Sidharta und Prof. Bernd Asmus an der Universität Pelita Harapan Jakarta-Indonesien, danach bei Prof. Dieter Mack an der Musikhochschule Lübeck, Audioprogrammierung bei Prof. Sascha Lino Lemke und Video- und Sensorprogrammierung bei Alexander Schubert. Sowie das Studium im Bereich elektroakustische Komposition bei Prof. Kilian Schwoon und Audioprogrammierung bei Joachim Heintz an der Hochschule für Künste Bremen. Zusammen mit einigen indonesischen Komponisten war er Mitbegründer von The Circle, einer Gruppe von jungen Komponist*innen, die jährlich künstlerische Arbeiten veröffentlichen. Er arbeitet freiberuflich als Klangregisseur zusammen mit unterschiedlichen Ensembles und Künstler*innen in nationalen und internationalen Projekten, als Notensetzer für Prof. Younghi Pagh-Paan & Prof. Klaus Huber (Ricordi Musikverlag), sowie als Web- und Android App-Entwickler. Bis Sommer 2021 war er Leiter des Studios für elektroakustische Musik und Multimedia an der Musikhochschule Lübeck, bis er in seine Heimat, Indonesien zurückkehrte.
Schritte, 2016, Klanginstallation, 4 Lautsprecher, Abspieltechnik, 01:14 min., Installation in der Ausstellung Aus dem Nichts ins Glück, Künstlerhaus Lauenburg, 2016
Heiko Wommelsdorf
Die Schritte eines Menschen sind unverwechselbar. Wer die Schritte der oder des Geliebten im Treppenhaus hört, wird sie oder ihn erkennen, ohne die Person gesehen zu haben. Schritte machen uns also besonders aufmerksam. Doch in Heiko Wommelsdorfs Installationen kommt niemand, obwohl wir Schritte hören. Stattdessen hören und sehen wir uns selbst. Der Künstler arbeitet mit der Koppelung menschlicher Gefühle an einen Klang, mit dem Geräusch der Materialien, auf denen wir gehen und mit der Verunsicherung des Hörers und Betrachters im Angesicht der Person, die er zwar hört, aber nicht sieht. Das Klangmaterial liefert der Untergrund, auf dem wir gehen. Wommelsdorf untersucht seine Werkstoffe und rückt mit Hilfe von Mikrophonen und Lautsprechern jene Materialgeräusche ins Bewusstsein, die zur Schrittfolge des Menschen unmittelbar hinzu gehören.
Dr. Axel Feuß (Kunsthistoriker und Kurator)
Heiko Wommelsdorf ist ein deutscher Künstler und 1982 in Bremen geboren. Er hat unter anderem von 2006 bis 2009 an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel bei Prof. BKH Gutmann, Prof. Thorsten Goldberg und Arnold Dreyblatt sowie von 2009 bis 2012 an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig bei Professor Ulrich Eller studiert. Seine Arbeiten sind in zahlreichen Ausstellungen vertreten. 2021 erhielt er ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds Bonn. 2011 war er Stipendiat für Bildende Kunst im Künstlerhaus Lauenburg. Im Rahmen seines Lehrauftrages an der Muthesius Kunsthochschule Kiel kooperiert er seit 2021 im Projekt Sound in Transition (Kooperationsprojekt des Künstlerhauses Lauenburg, der Leuphana Universität und der Muthesius Kunsthochschule Kiel) mit dem Künstlerhaus Lauenburg.
Die Informationen zu allen beteiligten Künstler*innen finden Sie in unserem Handout als PDF Handout zur Ausstellung
Die Veranstaltung wird im Programm Kultursommer 2021 durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR gefördert.